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Glückswelt

in Eine gute Beziehung - Wie geht das? 23.01.2012 21:19
von Hans • 9 Beiträge

Glück ist eine Frage der Wahl

Wir können in jedem Augenblick wählen bewusst zu sein. Das mag zunächst befremdlich klingen, da wir uns doch in jedem Augenblick bewusst zu sein wähnen. Doch das Meiste, was wir als „bewusst“ erleben ist Homöostase. Es ist die Wiederholung von etwas schon einmal Dagewesenem. In der ruhigen Repetition des Bekannten fühlen wir uns selbst wohl und als Herrscher über eine stabile Welt. Dieser Zustand ist für jeden von uns der Normal-Zustand, die Ausgangsbasis für ein zufriedenes Leben. Wir mögen keine großen Abweichungen davon. Um aber so eine stabile Welt zu erleben ist es erforderlich jeden einzelnen Augenblick dauerhaft zu speichern um aus diesem Fundus jedwede Bedrohung frühzeitig genug erkennen zu können. So entsteht ein ständiger Datenstrom „gefährlicher“ Situationen, die mit der aktuellen Wahrnehmung verglichen werden. Aus den Differenzen und Kontrasten der aktuellen Wahrnehmung mit diesem unablässigen Strom gespeicherteer Muster, bildet sich unsere Erwartung für den nächsten Augenblick.

Das ganze System ist durch die immense Informationsmenge hoch erregt und liefert doch nur eine Information: Gefahr oder keine Gefahr! Aufgrund der hohen Auslastung des Systems werden die freudvollen und schönen Muster oft unbewusst übergangen und so erhalten schöne, freudige und angenehme Wahrnehmungen einen hohen Erstrebens-Wert. Angesichts der Seltenheit und des intensiven Kontrastes im Vergleich, bemühen wir uns diesem hohen Erstrebens-Wert in unserem Leben gerecht zu werden und richten unser Leben (unbewusst) danach aus. Der hohe Wert einer freudvollen, schönen, angenehmen Erfahrung ist jedoch relativ. Jeder hat schon erlebt, dass die Freude aus der Situation rasch verschwindet. Das Kleid, die Hose, der Pulli ist gerade gekauft, da ist die freudige Erregung schon wieder verschwunden. Das gerade erlebte Date mit der interessanten Person endet mit dem Gefühl: Gut, dass ich wieder allein bin und auch die Befriedigung durch das hervorragende Essen hält nicht einmal bis zum nächsten Tag.
Wir können die Erfahrung des Angenehmen und Positiven nicht vor dem Versinken in dem steigen Strom an „Gefahrensituationen“ bewahren. Irgendwann schlägt der Alltag wieder zu und der Kampf ums tägliche Überleben bricht wieder aus. Die Sprache bringt es hier genau auf den Punkt, mit welchen Informationen das Gehirn uns versorgt: „Kampf ums tägliche Überleben“. Indem wir uns punktuell auf die angenehmen und schönen Sitautionen konzentrieren, erreichen wir sie wie die Rosinen im Kuchen. Doch wir haben gelernt: Es ist nicht tugendhaft, sich nur die Rosinen herauszupicken. Man muss auch den trockenen Hefeteig nehmen …. So genau funktioniert das Gehirn und es wird alles ihm Mögliche tun, um uns davon abzuhalten, dies zu ändern.

Wir sind unsere eigene Musik

Doch wir haben nicht nur die Wahl diesen Ablauf so zu belassen und uns damit abzufinden. Wir haben auch die Möglichkeit aktiv in diesen Ablauf einzugreifen. Dazu müssen wir aber verstehen, dass wir selbst der Pianist sind und das Klavier ist das Das Gehirn. Die so erzeugte Musik, ist das Leben, das sich als unsere Realität um uns ausbreitet. Wir wissen heute zweifelsfrei, dass wir eine Realität erfahren, die sich ausschließlich virtuell durch die Wirkmechanismen in unserem Gehirn manifestiert. Sie wird durch Wahrnehmungen moduliert und über Handlungen modifiziert. Aber wir wissen nicht, was wir „wirklich“ wahrnehmen und auch nicht mit welcher „Wirklichkeit“ wir hantieren. Doch wir wissen, dass jede Veränderung an Pianist oder Klavier zu einer Veränderung der Musik führt. Das gibt uns die Möglichkeit an den Stellschrauben des Gehirn-Pianos zu drehen und es so neu zu stimmen.
Die Stimmung des Gehirns besteht im Wesentlichen aus seinen synaptischen Vernetzungen. Jedes „einzelne“ neuronale Netz darin, entspricht einer Erfahrung. Einer Erfahrung, die einen Anfang und ein Ende hatte und einen spezifischen Teil unserer Lebenswahrnehmung ausmacht. Diese Erfahrung ist mit allen anderen Erfahrungen verknüpft, denn unsere Lebensrealität hat keine leeren Stellen. Da aus Überlebensgründen die bedrohlichen Erfahrungen am Schnellsten abrufbar sind, haben diese auch die höchste Erreichbarkeit. Das bedeutet es sind synaptische Netze, die sehr leicht anzusprechen sind. Sie haben ein sehr niedriges Erregungsniveau und „feuern“ bei geringsten Anlässen. Die meisten dieser „Überlebensgründe“ sind in der heutigen Lebensrealität für uns völlig unsinnig: Wir werden weder bei der Nahrungsaufnahme bedroht, noch fällt ein Feind hinterrücks über uns her, wir werden im Schlaf nicht von Raubtieren gefressen und um Sex zu haben, muss man nicht mehr mit dem Rivalen kämpfen.

Ende des Widerkäuens

Auch wenn wir viele dieser archaischen Verhaltensweisen heute ritualisiert übernommen haben, führt kein derartiges Ritual zu einer direkten Lebensbedrohung, so wie es in unseren neuronalen Netzen gespeichert ist. Auch sind traumatische Erlebnisse, die sich in der Kindheit abspielten, nur in seltenen Fällen so kräftig, dass sie den gegenwärtigen Augenblick beeinflussen müssten. Derartige Ängste und Schmerzen, die sich in der Vergangenheit befinden, sollten keinen Einfluss auf die momentane Erlebensweise haben. Aber sie sind alle als erlebte Ereignisse gespeichert und werden in immerwährendem Widerkäuen neu aktiviert.
An dieser Stelle bietet sich jedoch die Möglichkeit des Eingreifens: Wir stoppen das Widerkäuen und lösen die damit verbundenen synaptischen Verbindungen auf. Das führt dann dazu, dass der Fundus der bedrohlichen Situationen reduziert und somit das System entlastet wird. Wird der Informationsstrom der Gefahren geringer, werden die glücklichen und freudvolleren Erfahrungen ganz von allein deutlicher und die Zukunftsperspektive nimmt freundlichere Züge an. Die Negativspirale dreht sich dann irgendwann um und das Leben erscheint in einem ganz anderen Licht. Die durch die andauernde „Habacht-Stellung“ hochgefahrene Produktion von Stresshormonen wird reduziert. Das gesamte Gehirnsystem beruhigt sich und die Umstimmung erlaubt es dem Pianisten vom „allegro furioso“ auf ein sanftes „pianissimo“ überzuleiten, was mit einem Anstieg der Glückshormone Serotonin und Dopamin einhergeht. Lebensrealitäten, die von Glücks- anstatt Stresshormonen erzeugt werden, unterscheiden sich massiv voneinander.
Während in der einen die Aufmerksamkeit auf das Beobachten und Abschätzen der Umwelt vorrangig ist, um möglichst früh Angstreaktionen auszulösen, verschiebt sich der Fokus in der anderen auf die Wahrnehmung von Gefühlen und Stimmungen, also auf das innere Geschehen. In einer durch Glückshormone bestimmten Lebensrealität werden Wünsche und Träume lebendig und wahr, weil die verfügbare schöpferische Energie das schöne innere Erleben genauso umsetzt, wie die Angst vor Bedrohungen.

Im Sommer schneit es nicht

Es ist natürlich kein einfacher Spaziergang, der aus der Stresswelt in die Glückswelt führt. Immerhin haben Jahrzehnte der Übung dazu geführt die Stresswelt aufzubauen. Sie ist sehr stabil und sicher in den synaptischen Netzen gespeichert. Sie ist sogar so stabil, dass wir uns zunächst nicht in der Lage sehen irgend etwas daran zu ändern. So bleiben wir in diesem Normalzustand und glauben an dessen Unveränderbarkeit, bis uns ein Leid widerfährt, das unser Weltverständnis erschüttert. Diese Erschütterung ist die Chance auf Veränderung. In dem aufgebrochenen Normalzustand lassen sich die Erwartungen finden, die durch das Leid unerfüllt blieben. In dem die, diesen Erwartungen zugrundeliegenden, Informationsnetze erkannt und inaktiviert werden, verschwindet zum einen das Leid und zum anderen verändert sich die Zusammensetzung der Erwartungen für den nächsten Augenblick. Die Folge davon ist eine andere Realitätserfahrung.
In diesem Lernprozess erkennen wir, dass wir es selbst in der Hand haben, wie wir auf das Leben reagieren. Wenn wir lernen wie wir uns immer wieder von den Stressreaktionen befreien können, stärken wir das Niveau der Glückshormone, die dadurch einen größeren Einfluß auf unsere Antizipation erhalten. Der größere Einfluß verschiebt das Realitätserleben und führt zur Bildung anderer Erfahrungsmuster, die wiederum auf die Zusammensetzung der Erwartungen einwirken. Dieser Rückkopplungseffekt führt zu einer Verwandlung der erlebten Welt, in dem sich der Beobachter verändert. Es ist nicht möglich gleichzeitig depressiv und glücklich zu sein. Es ist auch nicht möglich gleichzeitig Winter und Sommer zu erleben. Wenn der Sommer kommt muss der Winter „sterben“. Übertragen auf uns bedeutet es, dass wir durch verändern von Reaktionsweisen, von Überzeugungen und Handlungen ein Leben erzeugen können, dass unseren Träumen und Vorstellungen entspricht. Um das zu erreichen, dürfen wir aber nicht darauf bestehen, dass es im Sommer schneit, sondern wir müssen unser eigenes Selbstverständnis und damit unsere Präsenz in der Welt verändern. Wir müssen es wagen die Musik zu spielen, die wir hören möchten und uns nicht mit der Musik der Anderen die Ohren volldröhnen.

Der Weg in die Glückswelt

Die Veränderung des Selbstverständnisses ist der Weg auf dem wir von der Stresswelt in die Glückswelt kommen. Niemand kann den Weg gehen, der sich an die Stresswelt klammert. Niemand wird die Glückswelt sehen, der meint, seine Stresswelt-Persönlichkeitsmerkmale behalten zu können. Umgekehrt wird die Stresswelt für jene unsichtbar, die sich ganz auf die Veränderung ihres Seins einlassen.
Es ist immer ein schwieriges Unterfangen von Liebgewordenem loszulassen. Das Selbstbild, das wir in dieser Gesellschaft entwickelt haben ist perfekt an diese Gesellschaft angepasst. Wenn sich die Gesellschaft verändern soll, wenn die Probleme der Welt gelöst werden sollen und nicht alles in einem Kollaps zusammenbrechen soll, dann muss jeder für sich bereit sein, sein erlerntes Selbst in Frage zu stellen und zu verändern.
Wir Menschen sind nicht die kleinen ohnmächtigen Rädchen in einer gigantischen Universum-Maschine, sondern wir sind die Architekten und Meisterbauer, die sich erlebend und beobachtend in ihrem Meisterwerk bewegen. Wir Menschen müssen uns dieser tatsächlichen Natur unseres Selbstes gewahr werden und die Begrenzungen auflösen, die uns an die alten Erwartungen binden. Die Erkenntnisse der Neuro-Psychologie sind ein erster Schritt dies zu erreichen. Gehen wir also …..

Danke für Deine Aufmerksamkeit!


alles liebe
Hans

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